Lehrveranstaltungen
Wir bieten in unregelmäßigen Abständen Bachelor- und Masterseminare zum Queer Reading in den Studiengängen Deutsche Literatur und Gender Studies an der Humboldt-Universität an. Weitere Informationen finden Sie im aktuellen Vorlesungsverzeichnis der HU Berlin. Die Anmeldung zu den Lehrveranstaltungen erfolgt für Studierende über den Dienst AGNES.
Sommersemester 2024
Bachelor
Mittwoch, 16-18 Uhr | DOR 24, Raum 1.103 | 2 SWS, 3 LP | Janin Afken, Liesa Hellmann
Queer Reading bezeichnet nicht eine einzige, klar definierte Methode, sondern ein Spektrum an heteronormativitätskritischen literaturwissenschaftlichen Ansätzen, Texte zu lesen und zu analysieren. Beim Queer Reading geht es weder um das Aufdecken der Homosexualität von Figuren und/oder Autor:innen noch um das Erkennen einer angeblich ‚wahren‘ Textbedeutung. Queer Reading ist mit der Methode des Close Readings vergleichbar, legt aber den Fokus auf nicht-heteronormative narrative Strukturen, Handlungsebenen, Motive und Figuren. Daraus ergeben sich übergeordnete Fragestellungen, die im Seminarverlauf diskutiert werden sollen, etwa: Kann jeder Text queer gelesen werden? Was sind textuelle Ansatzpunkte für ein Queer Reading? Welche Erkenntnisse können mit einem Queer Reading gewonnen werden? Ziel des Seminars ist, verschiedene Ansätze des Queer Reading kennenzulernen, in die germanistische Fachgeschichte einzuordnen und exemplarisch anzuwenden. Daneben wollen wir neuere Ansätze in den Blick nehmen, die Erkenntnisse der Intersektionalitätsforschung mit Queer Reading verbinden. Anhand sowohl kanonisierter als auch weniger bekannter Texte verschiedener Epochen und Gattungen etwa von Friedrich Schiller, Ingeborg Bachmann, Wolfgang Koeppen, Verena Stefan und Guy St. Louis werden die Potenziale und Grenzen der verschiedenen Ansätze diskutiert.
Literatur: Donald E. Hall: Queer Theories. Basingstoke 2003; Andreas Kraß: Queer lesen. Literaturgeschichte und Queer Theory. In: Gender Studies. Wissenschaftstheorien und Gesellschaftskritik. Hrsg. von Caroline Rosenthal, Therese Frey Steffen, Anke Väth. Würzburg 2004. S. 233–248.
Mittwoch, 16-18 Uhr | DOR 24, Raum 3.018 | 2 SWS | Paola Rigi-Luperti, Henri Schellberg
Was macht eine Handlung, ein Kunstwerk, ein Organ, ein Verbrechen, ein Kompliment zu: Sex, einem Porno, einem Geschlechtsorgan, einem Sexualdelikt, einem Flirtversuch? Dank (queer-)feministischer Interventionen sind Themen der Sexualität in den letzten Jahrzehnten zunehmend ins Zentrum politischer Aufmerksamkeit gerückt. Was in den Debatten um sexuelle Unterdrückung, Identität, Befreiung usw. aber eher selten explizit in den Blick genommen wird, ist die Frage nach dem Wesen der Sexualität selbst. In diesem Projekttutorium wollen wir gemeinsam theoretische und literarische Definitionen, Verarbeitungen und Visionen des Sexuellen diskutieren, um keine Schulanatomie mehr hervorkramen zu müssen, wenn uns das nächste Mal ein Kind fragt: „Was ist eigentlich Sex?“
Die Seminarsprache ist Deutsch, für die Lektüren sind außerdem gute Englischkenntnisse notwendig.
Master
Mittwoch, 14-16 Uhr | DOR 24, Raum 1.103 | 2 SWS, 4 LP | Andreas Kraß
Im Jahr 1979 veröffentlichte der Publizist Joachim S. Hohmann eine Auswahl „homosexueller Belletristik“ der Jahre 1924 bis 1970. Die heute nur noch antiquarisch erhältliche Anthologie versammelt Erzählungen deutscher Schriftsteller, die in homosexuellen Zeitschriften wie Der Eigene und Der Kreis erschienen. Die Texte wurden unter den Bedingungen des Paragrafen 175 verfasst und veröffentlicht, der homosexuelle Männer der Strafverfolgung aussetzte. Er wurde 1872 ins Preußische Staatsgesetzbuch eingeführt, 1935 von den Nationalsozialisten verschärft, 1949 von der Bundesrepublik Deutschland unverändert übernommen, 1969 gelockert und erst 1994 vollständig abgeschafft. Das SE wirft einen doppelten Blick auf Hohmanns Anthologie: zum einen untersucht es deren literaturgeschichtlichen Standort und gesellschaftspolitisches Anliegen, zum anderen fragt es danach, wie man die in der Anthologie versammelten Erzählungen aus heutiger Perspektive lesen kann (Queer Reading).
Erwartete Arbeitsleistung: Erstellung eines Dossiers und eines Protokolls.
Literatur: Joachim S. Hohmann: Der heimliche Sexus. Homosexuelle Belletristik in Deutschland von 1900 bis heute. Frankfurt am Main 1979; Digitalisate der Zeitschriften: Der Eigene; Der Kreis
Mittwoch, 18-20 Uhr | DOR 24, Raum 1.103 | Andreas Kraß
Das Kolloquium befasst sich mit Theorien, Methoden und Projekten des Queer Reading. Es handelt sich um ein Forschungskolloquium, das im Rahmen des Drittmittelprojekts „Queer Reading – eine Methodologie. Deutsche Literatur im Zeitalter des Paragrafen 175 (1872-1994)“ durchgeführt wird, aber auch für interessierte Studierende offensteht. Anmeldung per E-Mail erbeten (andreas.krass@hu-berlin.de).