Kolloquium
Das Kolloquium richtet sich an alle Literaturwissenschaftler:innen, die sich mit dem Lektüreverfahren des Queer Reading befassen. Es bietet die Gelegenheit für die gemeinsame Diskussion literarischer und theoretischer Texte sowie für die Vorstellung eigener Forschungsprojekte.
Wenn Sie teilnehmen möchten, schreiben Sie bitte eine Email an liesa.hellmann@hu-berlin.de.
Wintersemester 2024/2025
05. Februar 2025 – Marvin Renford
Die queere Bibliografie
22. Januar 2025 – Ivo Zender
Christian Schmachts Novelle 'Fleisch mit weißer Soße' als fiktionale trans Literatur.
11. Dezember 2024 – Janin Afken
Monique Wittigs lesbische Lektürepraxen
13. November 2024 – Liesa Hellmann
Frontlinien. Die Grenze als Poetologisches Prinzip des Begehrens zwischen Männern in Erich Loests Erzählband 'Öl für Malta'.
23. Oktober 2024 – Janin Afken
Queer Reading online vermitteln. Eine Beispielleküre.
Sommersemester 2024
10. Juli 2024 – Gastvortrag Prof. Dr. Andreas Blödorn (Münster)
Schwule Vampire und namenlose Liebe: Wie eine queere Literatur vor/nach 1872 zur Sprache findet. (öffentlicher Gastvortrag an der Dorotheenstr. 24, R. 1.301, 18 Uhr c.t.)
26. Juni 2024 – Janin Afken
Queer Reading online vermitteln. Eine Beispiellektüre.
29. Mai 2024 – Bogdan Burghelea
Joseph von Eichendorffs Erzählung „Das Marmorbild“ dreht die Medaille der Homoerotik um und erlaubt dem queeren Blick, die Homosozialität unter die Lupe zu nehmen. Mit dieser Interpretation kann gezeigt werden, wie die Debatte über die Rezeption des Christentums und Heidentums in der Romantik viel nuancierter ist, als die Forschung es behauptet. Die beiden Sphären verschmelzen miteinander, die eine wird zur Voraussetzung der anderen. Außerdem kann eine queere Lektüre dieses Werkes eine Bestätigung der Infragestellung der Repressionshypothese Foucaults, indem die schöpferische Macht der performativen Sprechakte entpuppt wird. Als Bedingung der Homosozialität gelten im Text die Misogynie und Leibfeindlichkeit: Aus einem heteronormativitätskritischen Blickwinkel lässt sich deutlich feststellen, wie die weiblich kodierten Figuren instrumentalisiert und dann entweder entsexualisiert oder komplett entfernt werden.
15. Mai 2024 – Lektüre und Diskussion
Roland Barthes als queerer Theoretiker
17. April 2024 – Lektüre und Diskussion
Das Netzwerk als queere Ästhetik
Wintersemester 2023/2024
7. Februar 2024 – Jenny Björklund (Universität Uppsala)
Queer Reading Strategies: Exploring Queerness, Heterosexuality, and the Margins (öffentlicher Gastvortrag)
17. Januar 2024 – Ivo Zender (Universität Bielefeld)
Fiktionale trans* Literatur der Gegenwart
6. Dezember 2023 – Bogdan Burghelea (HU Berlin)
Der Vortrag erarbeitet, inwiefern sich das Märchen „Das fremde Kind“ von E.T.A. Hoffmann sich als Protesttext gegen die Binarität, das Patriarchat und die bürgerliche Erziehung erweisen lässt. Mit einem queeren Blick kann gelesen werden, wie das fremde (oder queere) Kind, das als Figur mit einer nicht konformen Geschlechtsidentität dargestellt wird, den Prozess einer heteronormativitätskritischen Umerziehung führt. Es zeigt dem Geschwisterpaar Felix und Christlieb, wie sie sich gegen Dichotomien auflehnen und irgendwo zwischen Natur und Kultur, Realität und Phantasie, Gut und Böse positionieren können. Mit diesem Märchen sollte man erkennen, dass eine perfekte Unterscheidung zwischen Gegensatzpaaren illusorisch ist, dass man mit der Möglichkeit des Dazwischenseins zurechtkommen sollte. Außerdem hinterfragt das Märchen die heteronormative Ordnung durch die symmetrische Konfigurierung der Räume, die den Bereich des Menschen als Grenzlinie veranschaulicht und die Herrschaftsform des Matriarchats dem kapitalistischen und kolonialisierenden Patriarchat gegenüberstellt. Der Vortrag basiert auf einem Kapitel aus dem Dissertationsprojekt „Romantik Queer Lesen“, das darauf abzielt, einen antinormativen Blick auf die literarische Strömung der deutschen Romantik zu werfen. Dabei werden epochenspezifische Aspekte aus dem narrativen und narratologischen Arsenal berücksichtigt, wie beispielsweise die Figurationen der Männer- und Frauenfreundschaften sowie der triangulären Konstellationen der Homosozialität, der Melancholie und des Narzissmus, der Maskerade und des Karnevals, der Ohnmacht und des Unbewussten.
15. November 2023 – Lektüre und Diskussion
Surface Reading: Ansätze und Kritik
1. November 2023 – Andreas Kraß (HU Berlin)
In dieser Sitzung wollen wir uns an die Methodologie des Queer Reading annähern. Hilfreicher Ausgangspunkt ist der Aufsatz von Hanna Kubowitz, die wiederum auf das Konzept des „impliziten Lesers“ (Wolfgang Iser) zurückgreift. Wie kann man die Optionen des queeren Schreibens und Lesens in ihrem Zusammenhang theoretisch beschreiben? Wichtig ist, dass nicht nur zwischen den empirischen und den impliziten Leser*innen, sondern auch zwischen den Autor*innen und den jeweils von ihnen im Text eingesetzen Erzählinstanzen unterschieden wird. Außerdem ist nicht nur zwischen heteronormativen und queeren Positionen zu unterscheiden, sondern letztere sind noch einmal in implizite und explizite queere Positionen aufzuteilen. Nicht alle Autor*innen bedienen sich der Technik der Camouflage, nicht alle queeren Texte müssen dechiffriert werden.
Sommersemester 2023
26. Juli 2023 – Lisa Jüttner (Universität Bielefeld)
Lisa Jüttner untersucht in ihrem Forschungsprojekt zentrale feministische Sprach- und Literaturtheorien (Irigaray, Cixous, Butler) und befragt sie hinsichtlich der darin angelegten Repräsentation von vergeschlechtlichten Körpern. Dabei geht sie davon aus, dass mit der Autonomen Frauenbewegung eine kulturgeschichtliche Affirmation des verworfenen Körpers beginnt, die sich bis in die Gegenwart fortsetzt. Der verworfene – kranke, kontrolllose, versehrte, ekelhafte – Körper wird im Zuge zunehmender Rationalitätskritiken zum Ort des Widerstands. Diese Tendenz wird im Forschungsprojekt anhand ausgewählter literarischer Texte zwischen 1970 und der Gegenwart untersucht.
12. Juli 2023 – Marvin Renfordt (HU Berlin)
Das Forschungsprojekt Kleine queere Formen. Diagrammatik des Cruisings nimmt kleine kommunikative Formen in den Blick, die in ihrer Diskretheit darauf ausgerichtet waren, queeres Begehren innerhalb eines heteronormativen Systems zu signalisieren. Von 1872 bis 1994 stellte der Paragraf 175 StGB im deutschen Raum homosexuelle Handlungen unter Strafe. Die Kriminalisierung und Stigmatisierung gleichgeschlechtlich liebender und gender-nonkonformer Menschen führte dazu, dass sich kommunikative Netzwerke unter dem Radar der Mehrheitsgesellschaft bildeten. Mediale Infrastrukturen ermöglichten die öffentliche Zirkulation kleiner queerer Formen und erforderten gleichzeitig Taktiken der Verschleierung, um der Zensur zu entgehen. Die Dissertation verfolgt einen praxeologischen Ansatz, um innerhalb von Fallbeispielen textliche und materielle Formen in den Blick zu nehmen und einen Beitrag zur Theoretisierung kleiner queerer Formen zu leisten.